Ukraine-Krise – Auswirkungen für Kapitalanleger
Neben den schrecklichen Folgen der russischen Invasion für die ukrainische Bevölkerung hat dies auch Auswirkungen für Kapitalanleger, wenn diese auch natürlich deutlich unbedeutender sind. Trotzdem werden diese auch ihre Spuren hinterlassen. Ich habe dazu auch am 24.02.2022 einen Vortrag gehalten, die Aufzeichnung können Sie hier ansehen.
Marktreaktionen
Die Kapitalmärkte reagierten unmittelbar auf den russischen Angriffen, waren zuvor aber auch schon nervös. Diese Angaben beziehen sich auf den 25.02.2022, 11:00 Uhr.
- Die westlichen Aktienmärkte verloren rund 5%, in Osteuropa ca. 10%, der russische Index RTS gab über 30% nach
- Anleger kauften Staatsanleihen zur Absicherung, die Renditen der 10-jährigen Staatsanleihen der BRD und der USA verloren 0,10%
- Der Preis für das Brent Rohöl notiert bei 100 US Dollar (+50% seit November 2021)
- Der Euro legte gegenüber dem russischen Rubel auf Wochenfrist um 7% zu
- Gold (als sicherer Hafen) verteuerte sich auf 1.910 US Dollar
- Rohstoffe stiegen deutlich an, so befinden sich Nickel und Aluminium auf 10-Jahres-Hochs
- Landwirtschaftliche Güter, insbesondere Weizen (+13% ggü. der Vorwoche), verteuerten sich stark
Historische Einordnung: Aktienmärkte und Kriege
Ein Blick in die Vergangen zeigt, dass die Aktienmärkte bei militärischen Konflikten innerhalb von ein bis drei Wochen rund 15% an Wert verlieren, allerdings innerhalb von sechs Monaten (nach den Tiefständen) deutlich ins Plus drehen.
Ereignis | Jahr | Dauer Einbruch in Tagen | Stärke des Kurs-einbruchs | Performance nach 6 Mon. ggü. Tief |
Frankreichfeldzug | 1940 | 13 | -17,1% | 7,0% |
Korea-Krieg | 1950 | 20 | -12,0% | 19,2% |
US-Bombardierung von Kambodscha | 1970 | 27 | -14,4% | 20,7% |
Invasion des Irak in Kuwait | 1990 | 21 | -13,3% | 16,3% |
Anschläge vom 11. September | 2001 | 5 | -16,0% | 30,0% |
Die Daten beziehen sich auf den „Dow Jones Industrial Average“. Darstellung in Anlehnung an godmode-trader.de.
Unabhängig davon gilt die Aktie für langfristige Anleger als interessante Anlageform, wenn gleich zwischenzeitlich mit deutlichen Kursrücksetzern gerechnet werden muss.
Reaktionen des Westens und deren Auswirkungen
Die westlichen Staaten ergriffen als Reaktion auf die russische Aggressionen verschiedene Sanktionsmaßnahmen, u.a. die (vorübergehende) Nichtinbetriebnahme der „Gaspipeline Nordstream 2“. Aus Sicht eines Kapitalanlegers dürfte von besonderer Bedeutung sein, dass womöglich russische Wertpapiere vom Handel in der EU ausgeschlossen werden. Dies wird es für russische Unternehmen deutlich erschweren, Kredite in Form von Anleihen aufzunehmen bzw. Aktiengesellschaften Eigenkapital zu generieren. Im Umkehrschluss werden aber Anleihen-Gläubiger und Aktionäre keine Möglichkeit mehr haben, sich an EU-Börsen von ihren Wertpapieren zu trennen. Verschieden russischen (Tochter)Banken soll die Zulassung in der EU entzogen werden. Dies kann Auswirkungen für Anleger haben, die bei diesen Banken z.B. Tagesgelder unterhalten.
Da b.a.w. keine fossilen Brennstoffe mehr aus Russland importiert werden sollen werden Deutschland und die EU gezwungen sein, sich nach alternativen Energiemöglichkeiten umzusehen. Die ohnehin forcierte Energiewende wird hierdurch zusätzlich beschleunigt werden. Davon könnte z.B. die Wasserstoffbranche profitieren.
Risiken
Ich sehe aus der aktuellen Situation folgende Risiken hervorgehen:
- Rohstoffe und Nahrungsmittel, die in nicht unerheblichen Umfang aus Russland und der Ukraine importiert wurden, verteuerten sich deutlich. Es ist davon auszugehen, dass diese Produkte zusätzlich mit Risikoaufschlägen gehandelt werden, solange die Lage unsicher bleibt. Dies wird die ohnehin schon hohe Inflation weiter hoch halten, wenn nicht sogar weiter ansteigen lassen. In letzter Konsequenz kann dies zu einer Stagflation führen.
- Die ohnehin schon langen Lieferketten können sich weiter verzögern, da Russland und die Ukraine nicht mehr als Exporteure zur Verfügung stehen.
- Zinsen: bislang wurde davon ausgegangen, dass die Zinsen in der Eurozone und insbesondere in den USA in diesem Jahr angehoben werden. Die Notenbanken könnten diesen Prozess nicht im zuerst angedachten Ausmaß durchführen bzw. die Zinsen über einen längeren als geplanten Zeitraum anheben.
- Die Volatilität an den Kapitalmärkten wird – so lange die Lage unklar ist – hoch bleiben, und stark von Schlagzeilen getrieben werden. Rücksetzer an den Börsen sind jederzeit möglich.
- Cyberangriffe werden das Kriegsfeld auch in die EU und die USA tragen. Besonders gefährdet ist die kritische Infrastruktur (z.B. Wasser- und Stromversorgung)
Handlungsoptionen
Vorsicht ist natürlich angesagt, aber es ergeben sich durchaus auch Chancen an den Kapitalmärkten:
- „Politische Börsen haben kurze Beine“. Wie in der historischen Betrachtung aufgezeigt, haben sich die Aktienmärkte bei militärischen relativ schnell wieder erholt. So schrecklich die humanitäre Situation für die betroffenen Menschen ist – gesamtwirtschaftlich betrachtet sind sowohl Russland als auch die Ukraine keine großen Player in der Weltwirtschaft.
- Gold gilt in solchen Krisensituation als sicherer Hafen und sollte, unabhängig davon, zwischen 5% und 10% des Gesamtvermögens in jedem gut diversifizierten Portfolio enthalten sein.
- Bei Aktienengagements empfiehlt sich:
- Investments (grundsätzlich) nicht in einem Betrag tätigen, Sparpläne nutzen, Rücksetzer für taktische Käufe nutzen
- Anlagezertifikate mit hohen Sicherheitspuffern nutzen. Aufgrund der gestiegenen Zinsen und der hohen Volatilität bieten diese Produkte momentan interessante Möglichkeiten.
- Vorsicht bei osteuropäischen – und insbesondere russischen – Wertpapieren
- Besser Value- als Growth-Aktien
- Anbieter alternativer Energien, z.B. Wasserstoff, könnten profitieren
Grundsätzlich stellt sich die Frage, welche Unternehmen aus der EU in der Lage sind, durch ihre Produkte und Dienstleistungen fehlende Importe kompensieren können. Hier habe ich mehrere Favoriten, die ich meinen Kunden gerne in einem persönlichen Gespräch aufzeige.
Fazit
Die Situation für die Menschen in der Ukraine ist schrecklich. Ich hoffe, dass sie die Situation bestmöglich und vor allem unbeschadet überstehen und sich die russischen Aggressionen einstellen. Für die Menschen in der EU und speziell für Kapitalanleger wird dieser Krieg auch mittel- und langfristig Veränderungen bedeuten. Gerne unterstütze ich Sie dabei, hieraus eine Strategie zum Schutz Ihres Vermögens zu erarbeiten.
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