Ein Beitrag aus der Praxis eines Ruhestands- und Nachfolgeplaners
In meiner Arbeit mit vermögenden Privatpersonen und Unternehmerfamilien stoße ich immer wieder auf eine besondere Form der Nachlassgestaltung: das sogenannte Berliner Testament. Viele meiner Mandanten haben davon gehört, einige haben es bereits aufgesetzt – und nicht wenige unterschätzen seine weitreichenden Konsequenzen.
Laut einer Umfrage des Allensbach-Instituts im Auftrag der Deutschen Bank regeln mehr als die Hälfte der befragten Ehepaare ihren Nachlass mit einem Berliner Testament. Doch ist diese Konstruktion wirklich immer die beste Lösung – oder birgt sie stille Risiken, die erst im Ernstfall sichtbar werden?
Was ist das Berliner Testament?
Das Berliner Testament ist ein gemeinschaftliches Testament von Ehepartnern oder eingetragenen Lebenspartnern. Die zentrale Regelung: Im ersten Erbfall erbt der überlebende Partner zunächst allein. Erst mit dem Tod beider Partner geht das verbleibende Vermögen an die Kinder oder andere eingesetzte Erben über.
Diese Konstellation sichert den länger lebenden Partner im ersten Schritt ab – besonders dann, wenn Immobilienvermögen im Spiel ist oder der Wunsch besteht, dem Partner wirtschaftlich den Rücken freizuhalten.
Was zunächst nach einer idealen Lösung klingt, kann im zweiten Schritt zu Herausforderungen führen:
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Erbschaftsteuerliche Nachteile: Da die Kinder erst im zweiten Erbfall erben, können steuerliche Freibeträge im ersten Erbgang ungenutzt bleiben. Das kann bei größeren Vermögen zu einer unnötig hohen Steuerlast führen – zulasten der nächsten Generation.
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Bindungswirkung: Nach dem ersten Erbfall sind Änderungen am Testament in der Regel nicht mehr möglich. Dies kann bei geänderten Lebensverhältnissen – etwa durch Wiederverheiratung oder familiäre Konflikte – problematisch sein.
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Pflichtteilsansprüche: Kinder haben grundsätzlich Anspruch auf einen Pflichtteil. Wird dieser im ersten Erbfall eingefordert, reduziert sich das Vermögen des überlebenden Partners – und der Pflichtteil wird beim zweiten Erbfall verrechnet. Das kann zu Spannungen innerhalb der Familie führen.
Wann kann ein Berliner Testament sinnvoll sein?
Es gibt Situationen, in denen ein Berliner Testament eine gute Lösung sein kann – vor allem dann, wenn der Schutz des überlebenden Partners im Vordergrund steht und das familiäre Vertrauensverhältnis stabil ist. Gleichzeitig gilt: Je größer das Vermögen, desto wichtiger ist eine differenzierte Betrachtung – insbesondere unter steuerlichen und strategischen Gesichtspunkten.
Alternativen und Optimierungsmöglichkeiten
Auch wenn ein Berliner Testament bereits besteht, lassen sich in vielen Fällen sinnvolle Ergänzungen oder flankierende Maßnahmen treffen:
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Steuergünstige Vermächtnisse
Über sogenannte Steuer-Vermächtnisse kann dem überlebenden Ehegatten das Recht eingeräumt werden, Vermögen gezielt an Kinder oder Enkel weiterzugeben – steuerlich so behandelt, als ob es direkt vom Erstverstorbenen stammt. -
Taktische Pflichtteilsregelungen
In ausgewählten Fällen kann es sinnvoll sein, Pflichtteilsansprüche bewusst im ersten Erbgang geltend zu machen – etwa zur Nutzung von Freibeträgen oder zur gezielten Vermögensverteilung. -
Lebzeitige Schenkungen
Wer frühzeitig Freibeträge nutzt und Vermögen strategisch überträgt, kann langfristig nicht nur Steuern sparen, sondern auch Konflikte vermeiden.
Fazit
Ein Berliner Testament ist kein pauschaler Fehler – aber auch keine Patentlösung. Es ist immer ein Baustein in einem größeren Konzept, das zu Ihrer familiären, steuerlichen und wirtschaftlichen Situation passen muss. Als Ruhestands- und Nachfolgeplaner begleite ich Sie dabei, diese Entscheidungen mit Weitblick und Sorgfalt zu treffen.
Denn: Ein klug geplanter Nachlass ist ein Zeichen von Verantwortung – und ein Geschenk an die nächste Generation.
Nehmen Sie gerne mit mir Kontakt auf und lassen Sie sich zu Ihrer individuellen Nachfolgeplanung beraten.
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